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Mehr pflegen, weniger dokumentieren

30. August 2019

Lohfert-Preis

Seit 22.08.2019 arbeiten Pflegekräfte rein rechnerisch in Deutschland ausschließlich für Bürokratie, Dokumentierung und administrative Aufgaben – das haben zumindest die Asklepios Kliniken bezogen auf das ganze Jahr umgerechnet. Pflegekräfte haben demnach theoretisch keinen einzigen Patienten mehr, sondern nur noch Dokumentationen zu „pflegen“. Klinikärzte hatten zudem in der von Asklepios beauftragten Online-Befragung der Plattform DocCheck den gestiegenen Aufwand für die Kostenerstattung erbrachter Leistungen beklagt.

Umso konsequenter erscheint das Projekt, das mit dem Lohfert-Preis 2019 prämiert wird: Die Pflegedirektion des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien (AKH) hat sich der Aufgabe gestellt, Prozessabläufe und eingeschliffene Dokumentationsroutinen im Pflegedienst der Allgemeinstationen zu hinterfragen. Das Resultat in Wien: vereinfachte Pflegeprotokolle für Basisleistungen und individualisierte Pflegeplanung bei Patienten aktuellen Problemen und/oder pflegediagnostisch relevanten erhöhten Risiken.

Wir haben die Pflegedirektorin des AKH Wien, Frau Sabine Wolf, dazu vorab befragt.

Wie haben Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen für den notwendigen Veränderungsprozess gewonnen?

Der erste Schritt war das Bewusstmachen der Formularvielfalt und die anschließende Diskussion, inwieweit die alte Dokumentation unseren Zielen entspricht. Wichtig war außerdem der Auftrag zum Umstieg auf ein elektronisches Medium, der auch eine einmalige Chance darstellte, selbst etwas zu kreieren, das unseren Ansprüchen entspricht bzw. uns unterstützt. Die Präsentationen von diversen Anbietern haben deutlich gezeigt, dass die Handhabung dieser Systeme zwar eine lesbare Dokumentation hervorbringt, aber keine Vereinfachung ist.

Wo sehen Sie den größten Erfolg, wo die größten Herausforderungen bei der Einführung des Projekts?

Die Erfolge sind ganz klar: Das Projekt hat den Aufwand reduziert, ist übersichtlich, es gibt keine Doppeldokumentation und vor allem keine „MUSS Dokumentation von Pflegediagnosen, die nicht erforderlich sind“. Das Verständnis, warum ein Patient hier ist, was dieser benötigt und welche Selbstverantwortung und Selbstständigkeit er mitbringt und auch von ihm eingefordert werden darf – dies war für mich der schönste ethische Erfolg und ein Qualitätssprung. Die größte Herausforderung war tatsächlich das Durchbrechen des Paradigmas „Was nicht dokumentiert ist, ist nicht gemacht“ in den Köpfen aller Stakeholder.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Pflege (am AKH Wien)?

Wir möchten weiterhin die Behandlung und Betreuung mit hoher Selbstständigkeit verbessern können und unsere Profession weiterentwickeln. Pflege sollte als wesentliche, unabdingbarere Leistung im Behandlungs- und Betreuungsprozess anerkannt bleiben, um den Patienten-Outcome positiv beeinflussen zu können. Damit verbunden sind die Etablierung von Experten, von Spezialisierungen und der Ausbau der Pflegeforschung.

Inwieweit die Erkenntnisse aus diesem Projekt anderen Kliniken nutzen können, lässt sich am besten nach der Präsentation durch die Preisträger beurteilen: Frau Sabine Wolf, Pflegedirektorin des AKH, wird das Projekt während der Preisverleihung am 17.09.2019 im Rahmen des 15. Gesundheitswirtschaftskongresses mit ihren Kollegen David Bayer, Leiter Abteilung Pflege- und Betriebsprozesse und Renate Hadi, Pflegeberaterin, vorstellen. Anmeldungen nehmen wir gerne noch entgegen an info@christophlohfter-stiftung.de.

+++ Preisverleihung am 17.09.2019 +++

Hamburg, Wien im August 2019/ Foto Sabine Wolf: (c) AKH Wien - Pflegedirektion

 

 

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